Suppe verbindet - Kostenfreier Mittagstisch in Duisburg Obermeiderich kommt gut an

„Bleibt ihr noch zur Suppe?“ fragen sich am Sonntagmorgen die Gottesdienstbesucher vor dem evangelischen Gemeindezentrum in Duisburg Obermeiderich gegenseitig. Die meisten nicken. Es hat sich rumgesprochen, dass die Gemeinde ab jetzt an jedem ersten Sonntag im Monat um zwölf Uhr zu einer kostenlosen warmen Mahlzeit einlädt. Und zwar nicht nur die Gottesdienstbesucher und Gemeindemitglieder, sondern alle, die gerne kommen und essen möchten. „Wir müssen ja alle sparen“, sagt Pfarrerin Sarah Süselbeck und schaut im ungeheizten Gottesdienstraum aufs Thermometer. 17 Grad, das geht ja noch, aber der Winter ist noch lang.

Wenn schon der Kirchraum kalt bleiben muss, dann lohnt es sich, nach zusätzlichen Wärmequellen zu suchen. Durch die Energiepauschale, auf die auch Kirchensteuer gezahlt werden muss, sind den Gemeinden unerwartete Einnahmen zugeflossen. Die Obermeidericher haben daraufhin überlegt, wie man das „Energiegeld“ schnell in Wärme umsetzten kann, die allen zu Gute kommt. Da bot sich ein kräftiger Eintopf an, der Leib und Seele zusammenhält und aus dem großen Pott am besten schmeckt. Gesagt, getan. „Freitags wurde mit acht Freiwilligen gemeinsam geschnippelt, am Samstag wurde in anderer Besetzung gekocht und heute wird gegessen“, sagt Süselbeck und ist dankbar für das 100-Portionen Kochbuch von Presbyter Peter Fackert. „Da kochen wir uns jetzt durch“, sagt sie lachend. Die Idee hat über den Kreis der regelmäßig Aktiven viele helfende Hände motiviert. Aus dem großen Topf schöpft Beate Jochheim duftende Gemüsesuppe auf die Teller, Würstchen und Brot gibt es dazu, Mineralwasser steht auf den Tischen. Pfarrer in Ruhe Hans-Bernd Preuß hat einen, inzwischen erwachsenen Konfirmanden gesichtet, der längst in einem anderen Stadtteil wohnt und nun mit seiner Familie der Einladung zum Essen gefolgt ist. Er wird freudig begrüßt. Manch einer setzt sich gern in die große Runde und ist froh, nicht allein essen zu müssen. Andere bleiben lieber im Vorraum und essen unter sich. Alle sollen sich willkommen fühlen, so wie sie sind. Den Obermeiderichern ist eine einladende Gemeinde wichtig. Deshalb leisten sie auf ihre Weise im Kleinen Widerstand gegen die soziale Kälte, die für viele Menschen in diesem Winter besonders spürbar wird. Im Gottesdienst war es schon um das Thema Widerstand gegangen und darum, dass nicht nur die weltbewegenden Taten zählen, sondern auch die alltäglichen. Dabei wurde ein Gedicht des katholischen Geistlichen Lothar Zenetti vorgelesen, in dem es um die persönliche Haltung geht: „Wo alle loben, habt Bedenken. Wo alle spotten, spottet nicht. Wo alle geizen, wagt zu schenken. Wo alles dunkel ist, macht Licht.“

In der Küche des Gemeindezentrums wird unverdrossen weiter an der Nachhaltigkeit des Angebotes gewerkelt, während man im Saal schon beim Kaffee sitzt. „Wir kochen die vierzig restlichen Portionen der Suppe jetzt in großen Schraubgläsern ein, damit sie etwas länger haltbar ist,“ sagt Dagmar Preuß und stellt die heiß ausgespülten Gläser zum Abtropfen auf Trockentücher, „die bringen wir dann zum Petershof nach Marxloh, damit Pater Oliver sie dort nutzen kann, um noch mehr Leute satt zu machen.“

Text: Sabine Merkel-Rahm

 

  • 7.11.2022
  • Rolf Schotsch
  • Red