Mittelmeidericher Kirchenführung durch die Jahrhunderte

Eine neue Reihe von Führungen durch die geschichtsträchtige evangelische Kirche in Mittelmeiderich hatte diese Woche ihre Premiere. Nachdem er seinem Prädikantenkurs abgeschlossen hat, investiert Udo Kloppert, der ehemalige Presbyter und ehemalige Vorsitzende des Fördervereins „pro doMMo“ einen Teil seiner Zeit nun in Führungen durch die Historie des Kirchenbaus, dessen Turm mit der Grundsteinnotiz von 1502 zu den ältesten Gebäuden im Duisburger Norden gehört.

Bevor es hinein geht, zeigt Kloppert seinen ZuhörerInnen das neugotische Lehrerdenkmal auf dem gepflasterten Kirchplatz, das dankbare Schüler im 19. Jahrhundert für drei ihrer Lehrer errichten ließen. Kloppert zeigt sich beeindruckt, hat er doch bis vor kurzem noch als Berufschullehrer in Rheinhausen gearbeitet und weiß, wie viele Lehrer ganz ohne Denkmal auskommen müssen.

Durch den Turm geht es in die 1863 wieder aufgebaute neugotische Kirche, deren Vorgängerin einst bei Bauarbeiten am Chor zusammengebrochen war. Aber es gab auch eine Kirche davor. Angefangen hat alles mit einer kleinen Saalkirche für den Ortsadel im frühen Mittelalter. Bei den Renovierungsarbeiten am Fußboden wurden vor einigen Jahren die Grundmauern der romanischen Basilika St. Georg wieder sichtbar, die zwischenzeitlich auch hier stand. Manche Teilnehmer drohen den Überblick zu verlieren, das ist ja die reinste Matrjoschka-Kirche, wie viele Bauten stehen hier nochmal auf-und ineinander? Kloppert hat das kommen sehen. Er zückt ein Schaubild mit Abbildungen den verschiedenen Stadien kirchlicher Entwicklung von der adeligen Privatkapelle bis zur evangelischen Gemeindekirche und beseitigt alle Unklarheiten.

Verteidigen mussten die evangelischen Meidericher ihre Konfession im Jahr 1608. „Mit Spießen und Stangen haben sie damals einen Pfarrer von der Kanzel gejagt und aus dem Gotteshaus getrieben, der im Sinne der Gegenreformation dem Katholizismus das Wort redete“, weiß Kloppert zu berichten und muss doch schmunzeln. Ganz so kämpferisch geht es heute im „Dom“ von Mittelmeiderich nicht mehr zu.

Die Kirche wird vielfältig genutzt, auch Konzerte und große Gastmahle konnten vor Corona dank der flexiblen Bestuhlung zu Gunsten des Fördervereins stattfinden. Kloppert führt seine Schar zur Orgelempore hinauf. Er erklärt, wie die schweren Schmuck-Pfeifen des Orgelprospektes während der Sanierung der Orgel ausgebaut und sorgfältig aufgehängt werden mussten. Sie sind aus Blei und so schwer, dass sie im Liegen ihre Form verloren hätten. Die uralte Glocke auf dem Kirchplatz, das neue Geläut, der versteckte Einstieg zum Turm, der rätselhafte alte Opferstock. Kloppert werden die speziellen Themen für seine Führungen nicht ausgehen. Weil er jeden Stein kennt, geht er gerne auf die Fragen der Teilnehmer ein. So fällt jede Führung anders aus. Und er hat Tipps auf Lager, wie die besonders Wissbegierigen an weitere Informationen kommen können. „Gehen Sie doch bitte auch auf die Internetseite der Gemeinde, da haben wir unter dem Stichwort `Augenblick mal` etliche kurze Videos mit interessanten Sachen verlinkt. Für das Video vom Kirchenspeicher habe ich trotz Höhenangst durch die Luke geguckt, wo immer der Herrnhuter Stern runtergelassen wird,“ wirbt er und schließt selbst bei der bloßen Erinnerung an die zehn Meter tiefe Aussicht in den Gottesdienstraum gequält die Augen.

Text: Sabine Merkelt-Rahm

INFO: Die Kirchenführungen gibt es immer am ersten Mittwoch des Monats um 17.30 Uhr; die nächste ist am 2. Februar 2022 (Anmeldung im Gemeindebüro unter der Rufnummer 0203-4519622 werden erbeten). Weitere Informationen zur Kirchengemeinde und die „Augenblick mal“-Videos sind auf der Internetseite www.kirche-meiderich.de zu finden.

  • 7.1.2022
  • Rolf Schotsch
  • Katja Hüther