Religionskurse gestalten Shoa-Gedenkgottesdienst in der Duisburger Salvatorkirche

Ein bewegender ökumenischer Gottesdienst zum internationalen Holocaustgedenktag vom 27. Januar in der Duisburger Salvatorkirche wurde maßgeblich von den Beiträgen der Schülerinnen und Schüler des Landfermann-Gymnasiums getragen. Die Religionskurse der neunten Klassen hatten sich mit ihren Lehrkräften Ursula Müller und Dominik Martini im Vorfeld intensiv der Frage gewidmet, wie die drei Begriffe Freiheit, Macht und Verantwortung auf dem Hintergrund der Shoa zueinander stehen. Und wie sie heute für jeden Einzelnen in Beziehung zu setzen sind. Interviews mit Lehrenden und Lernenden, Biographiearbeit über Zeitzeugen des Naziregimes und Reflektion des eigenen Standpunktes gehörten dabei zu ihren Vorarbeiten. Im Gottesdienst, den Pfarrerin Sarah Süselbeck leitete, hörten Schüler und Gemeinde das vom Stadtdechanten Roland Winkelmann vorgetragene Schuldbekenntnis: „Wir haben unfassbares Grauen über unsere jüdischen Mitmenschen gebracht“. Und Worte aus dem 118. Psalm, auf Hebräisch gesungen von Rainer L. Hoffmann, dem jüdischen Vorsitzenden der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (CJZ) Duisburg-Mülheim-Oberhausen: „Der Herr hat mich hart gezüchtigt, doch er hat mich nicht dem Tod übergeben. Öffnet mir die Tore zur Gerechtigkeit, damit ich eintrete, um dem Herrn zu danken.“ Die deutsche Übersetzung las Superintendent Christoph Urban.

Zitate aus den Interviews, die die Religionskursteilnehmenden mit vielen Mitschülern geführt hatten, klangen aus einem Lautsprecher. „Freiheit ist, wenn man über sich selber bestimmen kann“, „Macht haben die Menschen, die über andere bestimmen können“, „Wenn du über andere entscheidest, bist du verantwortlich dafür, deren Wohlergehen zu beachten“. Die Schülerinnen und Schüler stellten sich vor dem Altar auf und lasen in der alten Stadtkirche ihre selbst verfassten, biografischen Texte. Ihr Ernst bei der Sache und ihre hohe Konzentration machten einen großen Eindruck auf die Gemeinde, die gerne öfter solche besonderen Gottesdienste mit Jugendbeteiligung hätte.

Exemplarische Entscheidungen illustrierten die Lebensberichte über den jüdischen Arzt, Waisenhausleiter und Schriftsteller Janusz Korczak der die ihm anvertrauten Kinder freiwillig in den Tod begleitete. Über die junge Tagebuchschreiberin Anne Frank, die zwei Jahre im Verborgenen lebte und doch im KZ sterben musste. Über den in Duisburg aufgewachsenen Schriftsteller und Abenteurer Walter Kaufmann, der selber durch einen Kindertransport nach England gerettet wurde, aber seine ganze Familie verlor. Und über den evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, der sich entschloss, in den Widerstand gegen die Nationalsozialisten zu gehen und dafür im April 1945 hingerichtet wurde.

Untermalt wurde der Vortrag der Schülerschar von Korinna Heide, deren kraftvolle, ausdrucksstarke Singstimme die Kirche füllte.

Auf die persönliche Verantwortung jedes Einzelnen, der sich alltäglich auf dem Schulhof, im Betrieb oder auf der Straße zwischen Menschlichkeit und Unmenschlichkeit entscheiden muss, hob Pfarrerin Süselbeck, die evangelische Vorsitzende der Gesellschaft CJZ, in ihrer Predigt ab. „Nur weil ich gestern den Mund nicht aufgemacht habe, brauche ich morgen nicht zu schweigen. Ob ich mutig genug sein werde, der Stimme meines Gewissens zu folgen, werde ich erst wissen, wenn ich es versucht habe“, ermutigte sie sich und ihre Zuhörer zur Zivilcourage.

Eingeladen zu dem Gottesdienst hatten die Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit Duisburg-Mülheim-Oberhausen e.V., der Evangelische Kirchenkreis Duisburg, die Katholische Kirche Duisburg, die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB), das Bündnis für Toleranz und Zivilcourage in Duisburg und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK).

Text: Sabine Merkelt-Rahm

 

Das Bild zeigt Mitwirkende Schülerinnen und Schüler, die den Gottesdienst mitgestalteten (Foto: Bartosz Galus). 

  • 30.1.2023
  • Rolf Schotsch
  • Bartosz Galus