Kanzelrede in Salvator – Das Ruhrgebiet hat große Möglichkeiten

  • Rolf Schotsch
  • Bartosz Galus

Mit ehrgeizigen Plänen für das Ruhrgebiet stieg Garrelt Duin (SPD), der Regionaldirektor des Regionalverbandes Ruhr am vergangenen Sonntag in Duisburg auf die Salvatorkanzel. Seine Kanzelrede zum Thema „Kein Scheinriese- das Ruhrgebiet und seine unendlichen Möglichkeiten“ war Teil der 46. Duisburger Akzente unter dem Motto „Schein und Sein“. Empfangen wurde Duin von Pfarrer Martin Winterberg. Der begrüßte den gebürtigen Ostfriesen als einen Zugewanderten aus dem hohen Norden, der aber inzwischen vielfältig mit dem Ruhrgebiet verbandelt sei. Die staatliche Planung des Ruhrgebiets sei für den Regionalverband keine leichte Aufgabe, betonte Winterberg, schließlich müsse man elf durchaus selbstbewusste Städte und vier Kreise unter einen Hut bringen. „Hier bleibt alles anders,“ schlussfolgerte Winterberg und übergab das Wort an den Kanzelredner.

„Obwohl ich einige Semester evangelische Theologie studiert habe, ist das doch ein sehr ungewöhnlicher Ort für mich“, begann Duin, der von Hause aus Jurist ist. Er lebte sich aber schnell auf der Salvatorkanzel ein. Seine Betrachtung des Ruhrgebietes reichte zunächst 250 Jahre zurück in die Zeit des Ruhrorter Unternehmers Franz Haniel. „Franz Haniel war ein Pionier, der Arbeitsfelder geschaffen und gutes Geld damit verdient hat, Kohle und Metallverarbeitung in einen systemischen Zusammenhang zu denken“, erläuterte Duin und erinnerte an Haniels vielfältige Beteiligungen an Zechen, Fabriken und Eisenbahnlinien. Er zählte auch die Schattenseiten der Industrialisierung auf. Umweltbelastungen und die Abhängigkeit von einem Industriezweig seien noch heute Faktoren mit denen das Ruhrgebiet umzugehen habe. „Wir haben große Möglichkeiten, wenn wir es radikal anders machen“, forderte Duin.

Die Stichworte CO2 Einsparung, grüne Stahlproduktion, Wasserstoff als neuer Energieträger, Recycling und Kreislaufwirtschaft fasste er als „Umdenken in eine grüne Infrastruktur“ zusammen. „Wir sind zu einem schonenderen Umgang mit Ressourcen gezwungen“, stellte er klar und sah auch gute Ansätze bei den großen Unternehmen dazu. Inzwischen achte man auf Biodiversität und eine nachhaltige Wasserwirtschaft. „Wir wollen die grünste Industrieregion der Welt werden“, entfaltete er als Zukunftsvision für das Ruhrgebiet. Nicht nur wirtschaftliche Stärke, sondern auch hohe Lebensqualität gelte es weiter zu entwickeln. Er nannte die Zechen Zollern und Zollverein, die nicht nur zeigten was einmal war, sondern in der Gegenwart als tolle Spielstätten zum kulturellen Aufschwung des Ruhrgebiets beitrügen. Die große Kunstausstellung 21×21, die ab April in der Villa Hügel Kunst aus den Museen des Ruhrgebiets zeigt, die international beachtete Ruhrtriennale und die World University Games zu der in diesem Sommer 8500 junge Menschen aus der ganzen Welt im Pott zu Gast sein werden, seien nur einige der kulturellen Highlights, die das Ruhrgebiet auszeichneten. Die Internationale Gartenausstellung (IGA) im Jahr 2027 zeige schon jetzt ihr Potential, Stadtteile wie Hochfeld dauerhaft in ihrer Lebensqualität zu verbessern, freute sich Duin.

Nachholbedarf meldete der ehemalige NRW- Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk in Sachen Bildung an. Nach den Ergebnissen eins Bildungsberichtes des Regionalverbandes sei es geradezu erschreckend, wie wenig 8-Klässler in den Basisbereichen Lesen, Schreiben, Rechnen und Deutsch sprechen vorangekommen seien, sagte Duin. „Ist es nicht ein gemeinsamer Auftrag von Politik, Wirtschaft Kultur und Gesellschaft, sich um die Bildung zu kümmern?“, fragte er. Und fügte mit hoffnungsvollem Blick auf die Jugendlichen hinzu: „Das ist eine Generation, die will, aber sie braucht Richtlinien und Unterstützung.“

Das Ruhrgebiet sei schon immer der richtige Ort gewesen, um sich angenommen zu fühlen und sich ausprobieren zu können, so Duin. Er begründete diese Aussage mit dem Ergebnis einer Mentalitätsstudie, die den Bewohnern des Ruhrgebietes eine optimistische und zupackende Lebenseinstellung bescheinigt habe. Den berühmten Ausspruch des Autors Frank Goosen über den Pott: „Woanders ist auch Scheiße“, sah Duin folgerichtig als unzureichend an und setzte das Bibelwort „Seid getrost und unverzagt“ dagegen.
Text: Sabine Merkelt-Rahm

ZUSATZINFOS: Das Format „Kanzelreden“ hat der Evangelische Kirchenkreis Duisburg anlässlich des 400-jährigen Jubiläums der 1. Reformierten Generalsynode entwickelt, die vom 7. bis 11. September 1610 in der Salvatorkirche tagte. Diese Synode hat nicht nur bleibend die Kirchenordnung der Evangelischen Kirche im Rheinland geprägt, sondern hat auch erstmals in der Geschichte der Kirchen Nicht-Theologen auf Augenhöhe und gleichberechtigt in Entscheidungsprozesse einbezogen. Dieser Impuls wurde in den Kanzelreden aufgenommen, wo gezielt Nicht-Theologen gebeten werden, zu relevanten gesellschaftlichen Entwicklungen das Wort zu ergreifen. Dies haben seit 2010 u. a. Charlotte Knobloch, Dr. Jürgen Schmude, Fritz Pleitgen, Manni Breuckmann, Prof. Dr. Udo Di Fabio, Kai Magnus Sting, Prof. Dr. Norbert Lammert, Dr. Gregor Gysi, Katrin Göring-Eckardt, Dr. Mark Benecke, Klimaforscher Dr. Mojib Latif und Gerald Knaus getan.

Das Bild zeigt Garrelt Duin bei seiner Kanzelrede am 6-4-2025 in der Duisburger Salvatorkirche, Foto: Bartosz Galus