Mit dem wahrlich anrührenden Film „The Father“ von Florian Zeller, setzte das Filmforum im Februar die ökumenische Reihe „Kino & Kirche“ fort, die im Januar mit dem Streifen „Contra“ von Sönke Wortmann ihren Auftakt genommen hat. Im Gegensatz zu dieser leichtfüßig erzählten Komödie mit sozialkritischen Anklängen, stand mit dem zweifach Oscar prämierten Father diesmal ein leises, dichtes Kammerspiel auf dem Programm. Es erzählt die Geschichte eines ehemaligen Ingenieurs, dem demenzbedingt allmählich seine vertraute Welt abhandenkommt. Das Stilmittel des unzuverlässigen Erzählens zog dabei die Zuschauer aus dem gut gefüllten Kinosaal ins direkte Erleben des dementiell veränderten Anthony hinein. Der kann seinen eigenen Eindrücken nicht mehr trauen und verliert damit auch das Vertrauen zu seiner Tochter Anne die ihn pflegt. Dabei haben Anthony Hopkins und Olivia Coleman als Hauptdarsteller viel Zeit, in der ruhigen Inszenierung ihre ganze Schauspielkunst zu entfalten. Und die Zuschauer identifizierten sich schon während des Films hörbar mit den Protagonisten. „So ging es mir auch“, flüsterten pflegende Angehörige ihren Sitznachbarn zu, wenn die Tochter im Film vom aufgebrachten Vater gedemütigt wurde und „Genau so hat mein Vater auch ausgesehen, als es ihm immer schlechter ging“.
Michael Beckmann, der Leiter des Filmforums, zeigte sich beim anschließenden Ausklang des Abends in der gemütlich fußbodenbeheizten Lounge der benachbarte Pfarrkirche St. Joseph froh über die Wahl des Films. „Der kam zwischen den beiden Lockdowns heraus und hat deshalb nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die ihm eigentlich zusteht“, sagte Beckmann. Die große Leinwand und der abgedunkelte Saal in einem Kino seien Wirkungsverstärker für Filmerlebnisse, die bei so emotional besetzten Stoffen wie der Demenz-Thematik bei den Zuschauern große Betroffenheit auslösen könnten, so Beckmann. Nach einem solchen Film gibt es Gesprächsbedarf und man bleibt gerne in Austausch mit anderen.
„Sehr sehenswert und gleichzeitig auch sehr bedrückend“, fand Zuschauerin Barbara Herbrand den Film. Die Unterhaltungen des aufgerüttelten Kinopublikums nach dem Film bewegten sich um die Frage, ob man wirklich die Pflege der eigenen Eltern übernehmen möchte, beziehungsweise die eigenen Kinder einspannen, oder welche anderen Möglichkeiten man sonst hätte. Bis zur Erwägung der Gesetzeslage bei einer assistierten Selbsttötung reichten die theoretischen Überlegungen in den lebhaften Diskussionen.
Shanice Leßmann und Cordula Klümper vom Organisationsteam des Filmabends freuten sich darüber, dass die Kinobesucher das Gesprächsangebot nach dem Film offenbar zu schätzen wussten. Sie selber haben noch keine Pflegeerfahrung im Angehörigenkreis gemacht. Sie näherten sich eher von der cineastischen Seite der Aussage des Films. „Ich war beeindruckt davon, dass man die Verwirrung des Hauptdarstellers auch in den Ausstattungen der Räume wahrnehmen konnte. Die Wohnungen von Vater und Tochter gingen irgendwie ineinander über und man wusste selber nicht mehr, welcher Raum hinter der nächsten Türe sein würde“, sagte Cordula Klümper.
Der nächste Film der Reihe „Die Frau in Gold“ wird spannende Unterhaltung und Diskussionsstoff bieten, denn er beschäftigt sich an einem berühmten Beispiel mit der Restitution von Raubkunst.
Die Auswahl der Filme haben das Filmforum und die Partner aus evangelischer und katholischer Kirche zusammen vorgenommen. Kooperationspartner für Kino & Kirche sind die Katholische und die Evangelische Kirche in Duisburg, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, die Jugendkirche Tabgha, Ehrenamtliche der Pfarrei Liebfrauen, der BDKJ Stadtverband Duisburg und die KEFB Duisburg.
Text: Sabine Merkelt-Rahm
Zum Bild: Michael Beckmann begrüßt das Publikum von Kino und Kirche; Foto: Eva Wieczorek-Traut