(www.kirche-essen.de, 7.7.2024)
29 Jahre lang hat Volker Emler die Essener Gehörlosengemeinde geleitet und auch in den Nachbarkirchenkreisen An der Ruhr, Duisburg und Oberhausen gehörlose, schwerhörige und ertaubte Menschen als Pfarrer und Seelsorger begleitet. In einem Gottesdienst am 7. Juli in der Rüttenscheider Reformationskirche wurde er gemeinsam mit seiner Ehefrau Antje aus dem Dienst entpflichtet und in den Ruhestand verabschiedet.
NACH UND NACH IN DIE TÄTIGKEIT HINEINGERUTSCHT
In die Seelsorge für gehörlose Menschen ist Volker Emler nach und nach ‚hineingerutscht‘ – während des Studiums in Bethel und durch den dortigen Kontakt mit behinderten Menschen, dann in Mülheim, wo er den Superintendenten des Kirchenkreises An der Ruhr bei dessen pfarrdienstlicher Tätigkeit in der Gehörlosenarbeit übernahm. Als Pastor Horst Paul ihn dann bat, in Essen sein Nachfolger als Pfarrer für Gehörlose zu werden, sagte Volker Emler „nach eigehender Prüfung“ zu – nicht ohne die Bedingungen zu stellen, erst einmal eine berufsbegleitende professionelle Ausbildung in Gebärdensprache und die Bedingungen der Gehörlosigkeit absolvieren zu dürfen.
Denn Seelsorge für gehörlose Menschen bedeutet nicht nur, sterbenden Menschen in Gebärdensprache beizustehen, in Gebärdensprache zu taufen und trauen, sondern auch: Lobbyarbeit für gehörlose Menschen zu leisten, Nachrichten zu übersetzen, Mitteilungen von Behörden oder Banken zu erklären, Ansprechpersonen zu vermitteln, bei kirchlichen Amtshandlungen zu dolmetschen, Erwachsenbildung durchzuführen und nicht zuletzt zwischenmenschliche Missverständnisse in der Kommunikation zu klären, von denen gehörlose Menschen öfter betroffen sind als hörende Mitmenschen.
SABINE HEINRICH KENNT DIE ARBEIT BEREITS GUT
Eine herausfordernde Tätigkeit also, die seine Nachfolgerin, Pfarrerin Sabine Heinrich, nun fortsetzen wird. Dafür bringt die 55-Jährige, die bereits seit Mitte Juni im Dienst ist, beste Voraussetzungen mit – als junge Theologin hat sie nach Studium und Ordination einen fünfjährigen Sonderdienst in der Gehörlosengemeinde absolviert. Zuletzt war sie 16 Jahre lang in Dortmund für ein Institut der beruflichen Bildung beruflich im Einsatz – und wechselt nun in den kirchlichen Dienst und ihr früheres Aufgabengebiet zurück. Gleichwohl werden sich die Bedingungen für ihr Wirken durch die aktuellen Entwicklungen – den anhaltenden Mitgliederschwund und den Rückgang an Kirchensteuermitteln – verändern: Sabine Heinrich ist zukünftig für neun Kirchenkreise zuständig, die ihre Stelle anteilig finanzieren; eine halbe Stelle für die Arbeit mit gehörlosen Familien und Kindern wird zurzeit aufgebaut.
GEHÖRLOSENGEMEINDE ZIEHT NACH RÜTTENSCHEID
In Essen steht zudem ein weiterer Abschied an, denn das allzu in die Jahre gekommene Gemeindehaus in der Henckelstraße kann nicht weiter genutzt werden und wird aufgegeben. Im Rüttenscheider Gemeindezentrum neben der Reformationskirche bezieht die Gehörlosengemeinde demnächst neue Räumlichkeiten, die bereits mit Induktionsschleifen ausgerüstet sind. Weil die Gehörlosengemeinde schon seit vielen Jahren in der Reformationskirche ihre Gottesdienste feiert, werde den Gemeindegliedern der Umzug dorthin aber nicht allzu schwerfallen, hoffen Volker Emler und Sabine Heinrich.
VERABSCHIEDUNG IN DER REFORMATIONSKIRCHE
In der Reformationskirche fand deshalb auch der Abschiedsgottesdienst für Volker Emler statt – mit zwei Gebärdenchören und vielen Gebärdenliedern, gebärdeten Gebeten und Lesungen und einer gebärdeten Abschiedspredigt. Für hörende Gäste wurde alles übersetzt. Im Gottesdienst entpflichtete Monika Kindsgrab, Assessorin und stellvertretene Superintendentin des Kirchenkreises Essen, sowohl Volker Emler als auch dessen Ehefrau Antje, die ihn tatkräftig in der Organisation und Verwaltung der Gehörlosengemeinde unterstützt hat, aus dem Dienst. Volker Emler selbst wird der Gehörlosenarbeit aber weiterhin verbunden bleiben – etwa die Seelsorge in der Abteilung für ältere gehörlose Menschen im Seniorenzentrum Martineum in Steele leisten oder bei Bedarf für Vertretungsdienste zur Verfügung stehen.
Das Bild zeigt Pfarrer Emler (links) im Gottesdienst zum Kreiskirchentag 2013 in der Duisburger Innenstadt, Foto: www.kirche-duisburg.de