Kein Platz in der evangelischen Kirche für jegliche Form sexualisierter Gewalt

  • Rolf Schotsch
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Ulrike Stender, Ute Sawatzki und Isa Dvorak sind sich einig, dass es in der evangelischen Kirche in Duisburg keinen Platz für jegliche Form sexualisierter Gewalt geben darf. Die drei machen sich ganz praktisch und in unterschiedlichen Funktionen für eine konsequente Umsetzung des Schutzkonzeptes stark, welches im Evangelischen Kirchenkreis Duisburg sowie den 15 Gemeinden, den Einrichtungen und den Diensten gilt.

Pfarrerin Ute Sawatzki, Skriba des Kirchenkreises und zweite Stellvertreterin des Superintendenten, bereitete das Schutzkonzept und die Pläne zur Umsetzung mit anderen vor, immer geleitet von der Überzeugung: „Sexualisierte Gewalt darf in unserer Kirche keinen Platz haben und alles, was man tun kann, um sexualisierte Gewalt präventiv zu verhindern und im Verdachtsfall angemessen aufzuarbeiten und so uns anvertraute Menschen zu schützen, ist jeder Mühe wert.“ Herzstück des Konzeptes ist unter anderem die Pflicht, Risikoanalysen für die eigenen Räumlichkeiten und Strukturen zu erstellen und Selbstverpflichtungen von allen Mitarbeitenden und erweiterte Führungszeugnisse für viele der Mitarbeitenden einzufordern. Über 700 polizeiliche Führungszeugnisse wurden vorgelegt, geschätzt 4.000 ehrenamtlich Mitarbeitende werden sogenannte Basisschulungen mitmachen. Ziel ist vor allem eine Sensibilisierung für das Thema, Grundkenntnisse und die Information darüber an wen man sich wenden kann, wenn man etwas beobachtet hat, einen Verdacht hat, oder nur mehr zum Thema wissen möchte. Mehrstündige Intensivschulungen müssen alle besuchen, die direkt mit Kindern- und Jugendlichen in Gruppenleitungsfunktion arbeiten. Ute Sawatzki schätzt, dass hier bestimmt einige Hundert Personen aus Gemeinden und Einrichtungen teilnehmen werden.

Isa Dvorak führt seit Januar 2023 Intensivschulungen mit Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen durch, die mit Kindern, Jugendlichen und anderen Schutzbefohlenen arbeiten. Diese erfahren von ihr von rechtlichen Aspekten sexualisierter Gewalt, von Unterschieden zwischen kindlicher, jugendlicher und erwachsener Sexualität, viel Wissen über Nähe- und Distanzverhalten und über sogenannte „Täter*innenstrategien“. In den Schulungen lernen sie zudem, wie mit Betroffenen umzugehen ist, und erfahren, wie bei einem Vorfall vorzugehen ist. Für diese komplexen Schulungen hat sie selbst ein Seminar der Evangelischen Landeskirche im Rheinland absolviert, welches nach dem Konzept von „hinschauen-helfen-handeln“ – einer Initiative der evangelischen Landeskirchen und der Diakonie gegen sexualisierte Gewalt – schult.

Isa Dvorak ist hauptberuflich Jugendleiterin in der Evangelischen Kirchengemeinde Trinitatis und berichtet aus Buchholz und Wedau: Die Ehrenamtlichen aus ihrer Gemeinde hätten zwar etwas Arbeit mit dem Einholen des polizeilichen Führungszeugnisses, aber sie stünden hinter dem Schutzkonzept. „Und die Ehrenamtlichen aus dem Bereich der Jugendarbeit sind schon lange damit vertraut.“ Isa Dvorak fügt hinzu: „Mir ist bewusst, dass mir noch einige Menschen begegnen werden, die gezwungenermaßen in die Intensivschulungen kommen. Aber der Inhalt der Schulungen ist es eben auch, solche Menschen davon zu überzeugen, dass sexualisierte Gewalt allgegenwärtig ist. Wir müssen deshalb alles tun, was wir können, um Fälle gut zu klären und am allerbesten direkt zu verhindern.“ Das beginnt für Isa Dvorak mit der Basisarbeit, „d.h. wenn Kinder bei uns stark gemacht werden, lernen, Nein zu sagen, und sich bei einem Vorfall an uns wenden.“

Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene, aber auch betroffene Erwachsene haben auch die Möglichkeit, sich an eine der beiden Vertrauenspersonen im Kirchenkreis zu wenden: Ulrike Stender (E-Mail: ulrike.stender@ekir.de; Mobil-Tel.: 0160 8201665) oder Pfarrer Andreas Satzvey (E-Mail: andreas.satzvey@ekir.de, Mobil-Tel: 0170/8005787). Beide haben als Vertrauensperson eine sogenannte Lotsenfunktion: „Der Weg für Betroffene soll möglichst wenig angstauslösend und vor allem niedrigschwellig sein und Sicherheit durch Information und Begleitung vermitteln“ findet Ulrike Stender. Als langjährige Leiterin der Evangelischen Beratungsstelle weiß sie, wie hoch die Hürde ist, sich – vielleicht schon traumatisiert – bei so einem schambehafteten Thema an fremde Menschen zu wenden. „Doch gerade dies könne das Sich-Öffnen auch leichter machen, denn für die Menschen, die sich an uns wenden sind wir neutral, mit Distanz zu deren Umfeld, und das hilft oft dabei, das Schweigen zu brechen.“

Das Schutzkonzept sieht außerdem vor, dass Mitarbeitende, die Vorfälle sexualisierter Gewalt wahrnehmen, verpflichtet sind, diese zu melden. Auch hier sind die beiden Vertrauenspersonen erste Ansprechpartner und Mittler zu weiteren Stellen. Ulrike Stender und Andreas Satzvey werden jede Meldung sehr ernst nehmen und diese auch dem sogenannten Interventionsteam des Kirchenkreises mitteilen. Die Transparenz gegenüber und Zusammenarbeit mit den Betroffenen hat dabei oberste Priorität. Pfarrerin Ute Sawatzki, Superintendent Dr. Urban, eine juristische Beratung und weitere Mitglieder des Teams beraten dann mit den Vertrauenspersonen, welche Schritte als nächstes und umgehend eingeleitet werden müssen.

Dazu gehört, dass sie sorgfältig prüfen, wie der Verdacht einzustufen ist. Sobald ein „begründeter Verdacht“ besteht, muss das Interventionsteam ihn der landeskirchlichen Meldestelle zur Kenntnis bringen, die wiederum prüft und weitere Schritte einleitet – bis hin zur Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft. Gerade dieser Punkt am Schutzkonzept in der evangelischen Kirche in Duisburg ist Ulrike Stender besonders wichtig: „Wir regeln das hier intern“ ist keine OptionBei begründetem Verdacht ist auf jeden Fall ‚weltliche Gerichtsbarkeit‘ gefragt.“

Das Schutzkonzept sowie weitere Infos und Kontakte zum Thema gibt es im Netz unter  https://kirche-duisburg.de/inhalt/schutzkonzept-gegen-sexualisierte-gewalt.

Das Bild zeigt – von links – Ute Sawatzki, Isa Dvorak und Ulrike Stender (Foto: Rolf Schotsch).